«Es dürfte in der Schweiz kaum eine Gegend geben, die in solch gedrängtem Raum eine derartige Fülle von Denkmälern in der Form von Grenzsteinen aufzuweisen hat wie das obere Leimental». Diese Aussage stammt von Dr. August Heitz, dem wohl besten Kenner der Grenzsteine und deren historische Hintergründe in unserer Region.
Auf einer Länge von ungefähr 27 km stösst das Einzugsgebiet des VerkehrsVereinLeimental an Frankreich, oder um es freundnachbarlicher zu sagen, an die Gemeinden Neuwiller, Hagenthal, Leymen, Liebenswiller, Betlach, Oltingen, Biederthal und Wolschwiller.
Sämtliche Steine an der Landesgrenze tragen, neben den Hoheitszeichen, eine Nummer und eine Jahrzahl. Vom Rhein bis nach Wisskilch bei Benken ist die Jahrzahl 1816, von Wisskilch bis auf den Remel die Zahl 1817 eingemeisselt. Diese Jahrzahlen gehen auf eine durchgreifende Grenzregulierung nach dem Wiener Kongress von 1815 zurück.
Durch das Tal ziehen sich wie ein Geflecht die Kantons- und Gemeindegrenzen. Drei Kantonsgrenzen sind es, bis vor wenigen Jahren waren es noch vier. Der Berner Bär hat sich zurückgezogen, doch seine Spuren sind auf den Steinen auf dem Blauen und um den Bann Burg herum noch präsent.
Quer durch das Leimental, vom Oberwilerban an der Grenze zu Neuwiller bis hinauf auf den Blauen, zieht sich die alte Grenze des Fürstbistums mit ihren herrlichen Steinen. Der vordere Teil unseres Tales war, mit Ausnahme von Binningen und Bottmingen, die schon 1534 zur Stadt kamen, bis zur französischen Revolution Bistumsgebiet. Der hintere oder obere Teil des Tales gehört seit 1515 zu Solothurn. Eine Ausnahme ist Biel-Benken. Die beiden Dörfer kamen im Jahr 1526 unter baslerische Oberhoheit, was auf alten Grenzsteinen wuchtig zum Ausdruck kommt.
Eine Eigentümlichkeit der fürstbischöflichen Grenze ist ihre Gradlinigkeit, die ohne Rücksicht auf die natürlichen Gegebenheiten und Gemeindebänne gezogen und ausgesteint wurde. Das beste Beispiel dafür ist die Grenze vom Witterswilerberg bis zum Dreieckstein auf dem Blauen, die einen Teil des Hofstetterbannes einfach abschneidet und heute Ettingen und dem Kanton Baselland zuteilt. Zu den Hoheitszeichen von Land und Kanton gesellen sich die Herrschaftssteine, wie wir sie vor allem im Bann von Burg heute noch antreffen. Aus der Vielzahl der Steine wollen wir einige besuchen. Den Anfang machen wir oben auf dem Remelgrat auf 800 m Höhe.
Dicht nebeneinander standen hier zwei Steine, der eine klein und breit, der andere gross und schlank. Der kleine Stein ist vor einiger Zeit entfernt worden, doch nicht weit entfernt trifft man einen Kollegen mit dem gleichen Wappenbild. Schauen wir uns die beiden Steine genauer an. Den grossen Stein aus Jurakalk schmückt so hoch oben wie nur möglich der Berner Bär, verkündend: hier bin ich Herr und Meister. Der kleine Stein ist ein Herschaftstein, ihn schmückt das Wappen der Herren von Wessenberg mit dem Querbalken und den drei Kugeln. Hören wir die Geschichte, die uns die beiden Steine erzählen. Nach dem Wiener Kongress von 1815 kam das Fürstbistum, zu dem Burg gehörte, zu Bern. Im Jahr 1994 entschied sich das Laufental, Burg gehörte zum Amtsbezirk Laufen, für den Kanton Basel-Landschaft. Seither sind die Burger Baselbieter. Der Grenzstein ist in Stein gehauene Geschichte.
Geschichte erzählt auch der kleinere Stein der Wesenberger. Er stammt aus dem Jahr 1590 und ist der älteste Grenzstein in unserer Region. Als treue Vasallen der Bischöfe von Basel erhielten die Herren von Wesenberg im Jahr 1459 das Schloss und die Herrschaft Burg zu Lehen. So blieb es bis 1792 als die französische Revolution der Herrschaft ein Ende setze.
Nur ein Steinwurf weit entfernt steht im Waldsaum ganz oben auf der Rittimatte der wohl interessanteste Stein des Leimentals. Auf der einen Seite zeigt er das Wappen des Klosters Mariastein: zwei schräggelegte Knochen, gerahmt von gewundenen Blattornamenten und auf der andern Seite ein Wappenbild, das uns ganz fremd erscheint. Es ist das Wappen von Kardinal Jules Mazarin, dem obersten Staatsminister und damals mächtigsten Herr Frankreichs. Seine wichtigste ausenpolitische Leistung war die Beendigung des grausamen 30-jährigen Krieges und der Abschluss des westfälischen Friedens im Jahr 1648. Zum Dank für seine Verdienste erhielt er von Louis XIV die ehemalige Grafschaft Pfirt, zu der der ganze südliche Sundgau gehörte, und den Titel eines Comte de Ferette zum Geschenk. Das war nur möglich, weil mit dem Abschlus des westfälischen Friedens das Elsass zu Frankreich gekommen war.
Ein Kuriosum steht auf dem Benkenhübel an der Grenze zwischen Benken und Bättwil, leicht verdeckt vom Gebüsch. Es ist ein dreieckiger Buntsandstein, der mit einer Höhe von 145 cm alle andern Steine überagt. Auf zwei Seiten sieht man noch klar die Umrisse eines Wappenschildes, der Inhalt ist verwittert und erloschen. Das Besondere zeigt sich jedoch erst am Fusse des Stei- nes. Lange Zeit im Boden verborgen, entdeckte man anlässlich einer Grenzbereinigung im Jahr 1945 eine Inschrift in gotischen Buchstaben. Die Inschrift hat mit dem Stein und seiner Funktion nichts zu tun. Die Vermutung liegt nahe, das der Stein von einem Gebäude im Umfeld der nahe gelegenen Kirche Wiskilch stammt. Die dem Heiligen Martin geweihte Kirche war die Urpfarrei, zu der während Jahr hunderten ale Gemeinden des hinteren Leimentals gehörten. Die Kirche ist im Jahr 1790 abgebrochen worden.
Der nächste Grenzstein, den wir besuchen, steht auf dem Kamm des Witterswilerberges, auf den Stapflen hoch über Ettingen. Es ist ein roter Buntsandstein, der bis vor kurzem ein tristes Aussehen hatte, verwittert und kaum mehr lesbar. Zusammen mit Urban Thüring, damals Bürgergemeindepräsident von Ettingen, liessen wir den Stein von der Firma Kistler in Flüh restaurie- ren. In markantem Profil erscheint nun das Wappen des Fürstbischofs Joseph Wilhelm Rink von Baldenstein. Der Stein mit der Nummer 15 ist anlässlich einer Neuvermessung im Jahr 1753 gesetzt worden. Urban Thüring hat den restaurierten Stein nicht mehr gesehen, der Stein ist zum Gedenkstein für ihn geworden.
Vom Witterswilerberg zieht sich die alte Bischofsgrenze, die heute Gemeinde- und Kantonsgrenze ist, schnurgerade auf den Blauenkamm, vorbei an zwei weiteren, prächtigen Bischofssteinen aus dem Jahr 1706 mit dem Wappen des Fürstbischofs Johann Konrad von Reinach-Hirzbach. Der eine der Steine steht noch auf dem Rücken des Witterswilerberges, der andere im Fälleli am Wegrand im freien Feld.
Auf dem Blauenkamm steht seit 1822 ein markanter Dreieckstein aus Jurakalk, der Dreiländerstein. Ihn schmückten einst die Wappen der drei «Länder», die hier zusammenstiessen: Basel, Bern und Solothurn. Das Wappen von Basel ist irgendwann nach 1833, dem Geburtsjahr des Kantons Baselland, verschwunden. Statt des Baselstabes ist der Buchstabe E eingemeisselt wor- den, wohl für Ettingen (kaum für Europa!). Den Berner Bär, der sich 1994 verabschiedete, liess man bis heute in Ruhe. Es ist zu hoffen, dass er, wie die Bischofsteine, als historisches Denkmal erhalten bleibt.
Dr. Johannes Brunner
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